Tiny Häuser sind auch in Deutschland immer gefragter. Die Gemeinde hat nun eine Anfrage eines interessierten Investors für eine ganze Siedlung von Mini-Häusern.
Weitramsdorf/Nürnberg – Ein ganzes Haus mit vielleicht gerade einmal 50 Quadratmetern Fläche? Das geht! Tiny Houses, zu Deutsch Mikro- oder Minihäuser, sind in den USA schon weitverbreitet. Mittlerweile – und von der Corona-Pandemie befeuert – wächst auch in Deutschland das Interesse an der innovativen Wohnform, bei der Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird. Holz und andere Naturmaterialien zählen zu den bevorzugten Baustoffen der Häuser im Miniformat. Und dank ihrer überschaubaren Größe eignen sie sich auch für Grundstücke, die für den Traum vom klassischen Eigenheim nicht infrage kommen.
Bürgermeister zeigt sich offen
Auch der Bau- und Umweltausschuss der Gemeinde Weitramsdorf hat sich in seiner letzten Sitzung mit Tiny-Häusern beschäftigt. Denn es gibt einen Investor, der sich vorstellen könnte, in Weitramsdorf 14 Minihäuser und einen Gemeinschaftsraum und damit gleich ein Tiny- House -Siedlung („Tiny House Village“) nahe dem Weidacher Weg zu errichten. Konkrete Planungen gibt es aktuell noch nicht. Gleichwohl stößt die Anfrage bei Weitramsdorfs Bürgermeister Andreas Carl auf offene Ohren. „Wir sollten aufgeschlossen für neue Ideen sein“, betont er auf NP-Anfrage. Deshalb hat er den Investor eingeladen, sich in der nächsten Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vorzustellen. Im April könnte das sein.
Bei dem Investoren handelt es sich um den Verein Tiny House Franken (THF), der im Mai 2019 mit einem Kernteam von 15 Mitgliedern in Nürnberg gegründet wurde. „Wir waren uns zuvor über das Tiny-Forum Deutschland begegnet“, erinnert sich Gordana Gorup, die Vorsitzende im Gespräch mit der Neuen Presse. In nicht einmal zwei Jahren sei Tiny House Franken auf 130 Mitglieder angewachsen und versteht sich als Plattform. „Wir unterstützen unsere Mitglieder dabei, den Traum vom Tiny Living, also dem Leben in einem Tiny House, zu erfüllen. Experten geben ihr Wissen weiter, es gibt Arbeits- und Projektgruppen und man tauscht sich untereinander aus“, erzählt sie. Das passende Grundstück zu finden sei nach wie vor die größte Herausforderung an der Sache. Denn vor allem für Einzelpersonen sei es eine enorme baurechtliche Herausforderung. „Und hier greifen wir unter die Arme“, so Gordana Gorup. Der Verein prüfe und sichte das Angebot, und unterziehe alles im ersten Schritt einer Art „Realitätscheck“. Ist das Grundstück schon erschlossen oder wird es das noch? Was steht im Bebauungsplan? Wie ist die Ausgangssituation der Grundstückseigner? Allesamt Fragen, bei denen den Mitgliedern geholfen wird. „Leider kommt nämlich nicht jedes Grundstück infrage“, weiß Gordana Gorup. Die Mitglieder bekämen im Anschluss exklusive Infos über mögliche Standorte und könnten sich dann in einer Arbeitsgruppe zusammenfinden.
Das Interesse steigt „exorbitant“
Dass Interesse von Bauwilligen, aber auch Kommunen und Grundstückseigentümern sei in den zwei Jahren seit der Gründung „exorbitant“ gestiegen, sagt die Vorsitzende. „Wir bekommen mittlerweile so viele Grundstücksangebote, dass diese durch unser Team von Ingenieuren und Projektleitern mit einer eigenen Projektentwicklungsgesellschaft betreut und bearbeitet werden. Das Thema Tiny House hat wahnsinnig stark an Präsenz gewonnen.“ An manchen Tagen würden den Verein gleich mehrere Interessenten kontaktieren. „Und neben dem direkten Kontakt sind unsere Stammtisch-Termine, die derzeit nur als Online-Treffen stattfinden, sehr beliebt.“
Während viele Menschen mit Tiny- Häusern eine Form des Minimalismus verbinden – zieht man doch vielleicht aus einem Eigenheim mit dreistelliger Quadratmeterzahl in ein Haus mit maximal 50 Quadratmetern –, sei das nur ein Beweggrund von vielen, der die Fans der Minihäuser antreibt. „Soziale oder ökologische Faktoren spielen ebenfalls eine große Rolle“, weiß Gordana Gorup.
Die Hauptidee hinter dem Konzept der Tiny-House-Siedlung sei zum Beispiel die Gemeinschaft von Menschen, „die in Kleinwohnformen das Grundstück und ein tägliches Miteinander nach ihren Vorstellungen des Zusammenlebens gestalten“.
Und für wen eignet sich nun so ein Leben auf kleinstem Raum überhaupt? „Die Frage ist, für wen eignet es sich nicht“, entgegnet Gorup. Im Kern spreche es Menschen an, die aus unterschiedlichen Gründen bewusster mit Ressourcen umgehen wollen. Es stehe allen Altersstufen offen und spreche Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensläufen an.
„Die Pioniertage von Peter Lustig sind von modernen Versionen abgelöst worden und in unserer Zeit angekommen“, so die Vorsitzende.